Preisträger 1981

Reiner Kunze | Auf eigene Hoffnung

Reiner Kunze

Auf eigene Hoffnung

S. Fischer Verlag
Frankfurt am Main 1981
ISBN: 3-10-042007-1

Autor

Der Schriftsteller Reiner Kunze wurde 1933 als Sohn eines Bergarbeiters in Oelsnitz im Erzgebirge geboren. Er studierte Philosophie und Journalistik in Leipzig. Ab 1962 lebte er als freiberuflicher Schriftsteller in Greiz (Thüringen). Am Tag der Zerschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen des Warschauer Pakts gab Kunze sein Parteibuch zurück. 1976 wurde er aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen. 1977 stellte Reiner Kunze einen Antrag auf Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr noch siedelte er mit seiner Frau und seiner Tochter in die Bundesrepublik über. Seit Ende 1977 lebt er in Obernzell-Erlau bei Passau.

Begründung der Jury

Der Lyriker und Erzähler Reiner Kunze darf für sich in Anspruch nehmen, ein Dichter zu sein: nämlich jenseits von Tendenzen und Tendenzwenden die Fähigkeit zu besitzen, das „Herz der Dinge“ auszusagen. Die Freiheit dazu hat er sich in der DDR genommen, trotz aller für ihn erwachsenden Nachteile. Er hat diese Freiheit, umworben von Kritikern und Verlegern, Politikern und Meinungsmachern, auch in der Bundesrepublik praktiziert, vogel-frei. Der Gedichtband „Auf eigene Hoffnung“ ist das Zeugnis dieser aus der Tiefe des poetischen Bewusstseins schöpfenden und in ihr wurzelnden Unabhängigkeit. Ihr gelingt es, im bescheidenen Bild, im alltäglichen Vorfall, Spuren wieder auffindbarer Werte kenntlich zu machen, von der Frömmigkeit bis zur schlichten Mitmenschen-Nachbarschaft. Für ihn gilt, was er über ein Porträt geschrieben hat: Noch sein schatten / hat rückgrat.

Verleihung

Am 24. November 1981 nahm Reiner Kunze den Preis entgegen. Oberbürgermeister Erich Kiesl und Hans Dieter Beck, Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Verlage und Buchhandlungen e.V. (ehemaliger Name des Verbandes bis 2003), überreichten als Stellvertreter der Stifter die Urkunde. Am Ende der feierlichen Veranstaltung las Reiner Kunze aus dem prämierten Gedichtband "auf eigene hoffnung".

Die Laudatio bei der Preisverleihung hielt Werner Ross.

Laudatio von Werner Ross

Loben ist schwer. Die Laudatio als rhetorische Kunstform verlangt, dass man das Rühmenswerte zusammenträgt, das Tadelnswerte verschweigt: De laudandis nil nisi bene. „Zustimmung“, schreibt ein jüngerer Kollege namens Rainald Götz, „wirkt fast immer schwächlich.“ Der preisende Kritiker, so fährt er fort, möchte immer unsichtbar werden, möchte verschwinden in einem auf das Werk weisenden Gestus: „Hier! Das lesen!“ Da macht zum Glück ein älterer Kollege Mut: „Was ich nicht loben kann, davon sprech ich nicht“, erklärt er unumwunden in den „Zahmen Xenien“.In den Noten und Abhandlungen zum West-Östlichen Diwan des gleichen Kollegen steht der schöne Satz, es sei der menschlichen Natur gemäß und ein Zeichen ihrer höheren Abkunft, dass sie das Edle menschlicher Handlungen und jede höhere Vollkommenheit mit Begeisterung erfasse.

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