Preisträger 2000

Margarete Holzmann, Reinhard Kaiser | Dies Kind soll leben

Margarete Holzman/Reinhard Kaiser

Dies Kind soll leben

Die Aufzeichnungen der Helene Holzman, 1941-44

Verlag Schöffling & Co
Frankfurt am Main 2000
ISBN 3-89561-062-3

Die Herausgeber

Helene Holzman veröffentlichte ihre Aufzeichnungen Zeit ihres Lebens nicht. Ihre Tochter Margarete hat sie zusammen mit Reinhard Kaiser ediert. Margarete Holzman ist „dies Kind“, die gerettete Tochter der Helene Holzman. 1924 in Litauen geboren, entkam sie als Zwanzigjährige zusammen mit ihrer Mutter der Verfolgung durch Wehrmacht und SS. Heute lebt sie als Übersetzerin und Dolmetscherin in Gießen. Reinhard Kaiser, geboren 1950 in Viersen am Niederrhein, lebt als Übersetzer und Schriftsteller in Frankfurt am Main. Bei Recherchen für sein Buch "Königskinder. Eine wahre Liebe" (1996) kam er in Kontakt mit Margarete Holzman, die als Übersetzerin und Dolmetscherin heute in Gießen lebt.

Begründung der Jury

"Das Buch ist ein eindringlicher Appell an den Mut zur Humanität und zu geistiger Freiheit auch und gerade der jungen Generation. Als Deutsche mit litauischem Pass und "Halbjüdin" hat die Malerin und Buchhändlerin Helene Holzman (1891-1968) die Zeit der deutschen Besetzung 1941-1944 in der Stadt Kaunas miterlebt und erlitten, ihr Ehemann und ihre ältere Tochter wurden verschleppt und ermordet. Sie selbst und eine Gruppe befreundeter Frauen bemühten sich, möglichst viele gefährdete Kinder aus dem Ghetto und damit vor dem sicheren Tod zu retten.

Mehr…

Verleihung

Am 27. November 2000 nahmen Margarete Holzman und Reinhard Kaiser den Preis entgegen. Oberbürgermeister Christian Ude und Rosemarie von dem Knesebeck, Vorsitzende des Verbandes Bayerischer Verlage und Buchhandlungen e.V. (ehemaliger Name des Verbandes bis 2003), überreichten als Stellvertreter der Stifter die Urkunde.

Die Laudatio bei der Preisverleihung hielt Ulrich Herbert.

Laudatio von Ulrich Herbert

Sehr verehrte Frau Holzman, sehr geehrter Herr Kaiser,
meine Damen und Herren,

„Man drang in die Wohnungen der Juden ein und trieb alle Bewohner aus den Häusern auf den Marktplatz oder in die Synagoge. Kranke, Säuglinge wurden getragen. Man sagte ihnen, dass sie andemwärts zu Arbeit benötigt und zeitweilig umgesiedelt würden, und hieß sie, die notwendigen Kleidungsstücke mitzunehmen. Auf den Straßen, Plätzen und in den Synagogen spielten sich bereits die schrecklichsten Szenen ab. Man schlug die Juden mit Knüppeln und Gewehrkolben, entriss ihnen die herbei geschleppten Sachen, trennte Kinder von Müttern, bespie und verhöhnte sie. Dann wurden sie geschlossen aus der Stadt getrieben.

Mehr…

Dankesrede von Reinhard Kaiser

Die politische Bedeutung der Aufzeichnungen von Helene Holzman für die Gegenwart, ihr historischer Wert als Zeitzeugnis und Quelle, die Nähe zwischen dem Engagement von Helene Holzman und ihrer Tochter Marie und dem Handeln der Angehörigen der "Weißen Rose" - all dies ist heute abend schon zur Sprache gekommen. Ich möchte mich für die Ehre, die diesen Aufzeichnungen und ihrer Autorin mit der Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises zuteil wird, und für die Aufmerksamkeit, die Sie alle, indem Sie heute Abend hierher gekommen sind, ihnen entgegenbringen, bedanken, indem ich Ihnen eine Geschichte erzähle - gleichsam die Rahmenhandlung zu dem Hauptereignis, das dieses Buch darstellt.

Mehr…