Ahmet Altan, geboren 1950, ist mit seinen Romanen und Essaybänden einer der erfolg-reichsten Schriftsteller, aber auch einer der bekanntesten Journalisten der Türkei. Ahmet Altan arbeitete als Kolumnist für zahlreiche namhafte türkische Medien und gründete 2007 die Zeitung „Taraf“. Sie wurde nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 verboten und Ahmet Altan zusammen mit seinem Bruder Mehmet Altan festgenommen.
Preisträger 2019
Ahmet Altan
Ich werde die Welt nie wiedersehen
Texte aus dem Gefängnis
Aus dem Türkischen von Ute Birgi-Knellessen
S. Fischer Verlag
Frankfurt am Main 2018
ISBN 978-3-10-397425-6
Autor
Begründung der Jury
Seit dem Sommer 2016 befindet sich der türkische Schriftsteller und Journalist Ahmet Altan in Haft. Am 16. Februar 2018 wurde er, in einem zweifelhaften Gerichtsverfahren, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Anklage ist der Auffassung, Ahmet Altan habe den Putschversuch gegen die Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan unterstützt, und zwar durch die angebliche ‚Verbreitung einer unterschwelligen Botschaft‘.
Mit dem politisch motivierten Urteil wurde ein kritischer Kommentator des Geschehens in der Türkei seiner Freiheit beraubt. Ahmet Altan hat wiederholt deutlich Position mit Blick auf die Lage der Kurden bezogen, ebenso in der Auseinandersetzung mit dem Genozid an den Armeniern. Sein Schicksal ist leider beispielhaft für die Situation vieler unabhängiger Journalistinnen und Journalisten in zunehmend autoritären oder auch diktatorischen Gesellschaften.
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In seinem Buch Ich werde die Welt nie wiedersehen erzählt Ahmet Altan von seinen Erfahrungen in der Untersuchungshaft, im Gerichtssaal und schließlich im Gefängnis. Er schildert seine Begegnungen mit den Polizisten, die ihn verhaften, mit dem Staatsanwalt, der keinerlei Beweise für seine Anklage vorlegen kann, und mit den Richtern. Ebenso porträtiert er seine Mitgefangenen im ‚Käfig‘, in der überfüllten Zelle im Untersuchungsgefängnis.
Ahmet Altans Texte zeigen auf eine ruhige, klare Weise, wie es im Augenblick um die Türkei bestellt ist. Vor allem aber zeugen die Berichte von einer großen Standhaftigkeit, vom Entschluss, trotz allen Entbehrungen stärker zu sein als die Vernehmer, Ankläger und Richter. In der Situation größter Unfreiheit behauptet Ahmet Altan auf eine bewegende und mutige Weise seine innere Freiheit. Die Texte, geschrieben immer wieder auch im Dialog mit der Weltliteratur, sind ein Dokument des Widerstehens und der geistigen Unabhängigkeit. Nach der Urteilsverkündung, beschließt er, er werde kämpfen wie Odysseus. Und er erklärt, mit der Zaubermacht des Schriftstellers könne er mühelos auch durch die Wände des Gefängnisses gehen.
Die Literatur ist am Ende stärker als alle Willkürjustiz, als jede Despotie. Ahmet Altans Buch Ich werde die Welt nie wiedersehen erinnert uns, die wir in Freiheit leben, an seine Stimme. Es mahnt uns darüber hinaus aber auch dazu, all die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, die wie der Schriftsteller, in Haft sitzen, weil sie mundtot gemacht werden sollen. Ahmet Altan spricht für alle die, die für die Wahrheit eintreten und die Freiheit verteidigen, gerade unter schwierigsten Bedingungen. Auf diese Weise verteidigt er selbst die Freiheit und erinnert an das Vermächtnis der Geschwister Scholl.
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Statement of the Jury
Since the summer of 2016, the Turkish writer and journalist Ahmet Altan has been detained. On February 16, 2018, he was sentenced to life imprisonment in a dubious lawsuit. The prosecution’s view is that Ahmet Altan has supported the coup attempt against the government of President Recep Tayyip Erdoğan, namely by the alleged “dissemination of a subliminal message”.
With the politically motivated verdict, a critical commentator of the events in Turkey was deprived of his freedom. Ahmet Altan has repeatedly clearly taken position regarding the situation of the Kurds as well as regarding the discussion in terms of the genocide of the Armenians. His fate, unfortunately, exemplifies the situation of many independent journalists in increasingly authoritarian or also dictatorial societies.
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In his book I Will Never See the World Again, Ahmet Altan recounts his experiences in custody, in the courtroom and finally in prison. He describes his encounters with the police officers who arrest him, with the prosecutor, who cannot provide any evidence for his charge, and with the judges. Likewise, he portrays his fellow prisoners in the “cage”, in the overcrowded cell in the remand prison.
Ahmet Altan’s texts show in a quiet, clear way, how the situation currently is in Turkey. In particular, however, the reports testify to a great stability, to the decision, despite all deprivations, to be stronger than the interrogators, accusers and judges. In the situation of greatest lack of freedom, Ahmet Altan asserts his inner freedom in a moving and courageous manner. The texts, written time and again also in dialogue with world literature, are a document of resisting and of intellectual independence. After the proclamation of sentence, he decides that he will fight like Odysseus. And he explains, with the magic power of the writer, he can also easily pass through the walls of prison.
Literature is in the end stronger than any arbitrary justice, as any despotism. Ahmet Altan’s book I Will Never See the World Again reminds us living in freedom of his voice. Furthermore, the book also urges us not to lose sight of all the people who are imprisoned like the writer because they should be silenced. Ahmet Altan speaks for all those who stand up for the truth and defend freedom, especially in the most difficult circumstances. In so doing, he himself defends freedom and evokes the legacy of the Scholl siblings.
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Ansprache von Dieter Reiter
Es wäre zu schön gewesen, wenn Ahmet Altan im Zuge der diesjährigen 40. Geschwister-
Scholl-Preis-Verleihung ein freier Mann geworden wäre. Es ist ihm aus tiefstem Herzen zu
wünschen, dass die ebenso absurde wie alptraumhafte Farce um seine Verhaftung 2016, die
Verurteilung zu lebenslänglich, die anschließenden drei Jahre im Gefängnis sowie die jüngste
Herabsetzung der Strafe auf zehn Jahre samt kurzzeitiger Freilassung und erneuter
Inhaftierung, dass dieses Martyrium endlich aufhören möge. Und dass sich Ahmet Altans
Befürchtung, die er auch zum Buchtitel gemacht hat, nämlich die Welt nie wiederzusehen, in
Luft auflöst. Doch das wird vorläufig wohl Wunschdenken bleiben. Zu hartleibig zeigt sich die
türkische Regierung. Und zu entschlossen, alle Opposition im Land unter dem
fadenscheinigen Vorwand der Umstürzlerei ein für allemal mundtot zu machen.
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„Ich werde die Welt nie wiedersehen“ ist deshalb aber noch lange keine hoffnungslose Klage und auch keine Kapitulation vor dem Unrecht, sondern vielmehr ein öffentlicher Aufschrei, der nach Solidarität ruft. Und genau darauf hat Ahmet Altan allen Anspruch. Denn es sind auch unsere Werte, für die er im Gefängnis sitzt – Demokratie, Freiheit und Recht. Wir schulden es ihm, Anteil an seinem Schicksal zu nehmen, ihm zur Seite zu stehen und auf seine Freilassung zu dringen – und das so öffentlichkeitswirksam wie möglich.
Oder wie es der türkische Schriftsteller-Kollege und Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk letzte Woche formuliert hat: „Solange die systematischen Ungerechtigkeiten gegen Altan andauern und wir dazu schweigen, ist dies beschämend für uns und unsere Menschlichkeit. Schlimmer noch ist, dass wir das Unrecht als selbstverständlich betrachten und es dadurch normalisieren.“
Wegsperren und im Dunkeln verschwinden lassen. Das ist die gängige Methode von Diktatoren, Tyrannen und Autokraten, um unliebsame Dissidenten loszuwerden. Und den
Widerstand ihrer Opfer mit vermeintlich unendlicher Macht und unüberwindlichen Mauern
endgültig zu brechen. Das ist das Kalkül, dem der totalitäre Staat zur Einschüchterung seiner Gegner und zur eigenen Stabilisierung folgt.
Nun kann man fragen: Was hilft der Lorbeer gegen das Gefängnis, was nützen Preise in
dieser Situation? Nun, auch sie schaffen Öffentlichkeit. Preise machen den Dissidenten
sichtbar. Und Sichtbarkeit ist das Gegenteil von staatlich angeordnetem Verschwindenlassen. Ahmet Altan selbst hat uns dazu Wege aufgezeigt. Etwa mit dem stillen Wunsch: „Wenn ihr meine Romane lest, dann [...] bin ich in meinem Gefängnis nicht mehr allein.“ Oder eben auch mit dem jetzt ausgezeichneten Buch „Ich werde die Welt nie wiedersehen. Texte aus dem Gefängnis.“
Darin schreibt der Schriftsteller über seine Haft. Aber nicht etwa, um unser Mitleid zu erregen, sondern um das dunkle Ohnmachtsgefühl zu bannen, das ihn umgibt. Aus der demütigenden Erfahrung der Willkür arbeitet er sich dabei Wort für Wort heraus. Indem er ausspricht, was Menschen imstande sind, einander zuzufügen. Und indem er sich selbst Wege schafft, zumindest im Geiste daraus auszubrechen. Etwa mit den Schlussworten seines Textes, die da lauten: „Ihr könnt mich ins Gefängnis stecken, doch ihr könnt mich dort nicht festhalten. Weil ich die Zaubermacht besitze, die allen Schriftstellern eigen ist. Ich kann mühelos durch Wände gehen.“
Das ist das große Verdienst von Schriftstellern wie Ahmet Altan: Unrecht offen auszusprechen und sich der Barbarei mit seinen Schriften und Worten zu widersetzen. Deshalb fürchtet man sich vor dem Schriftsteller und Journalisten Ahmet Altan, und deshalb ist es gut, wenn wir einen Mutigen wie ihn mit dem Geschwister-Scholl-Preis ehren. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch und alles Gute an Ahmet Altan! Und noch einmal mit Orhan Pamuk: „Lasst ihn frei!“
© Dieter Reiter
Die Rede ist urheberrechtlich geschützt. Wenn Sie die Rede oder Teile daraus für eine Veröffentlichung nutzen möchten, wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle des Börsenvereins - Landesverband Bayern. Wir sind Ihnen bei der Klärung der Rechtefrage gerne behilflich.
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Ansprache von Michael Then
Nur zur Erinnerung für uns alle: In der Folge des gescheiterten Militärputsches am 15./16. Juli 2016 verhängte die Türkei den Ausnahmezustand und setzte die Europäische Menschenrechtskonvention aus. Es kam zu Massenverhaftungen und Massenentlassungen von schätzungsweise mehr als 130.000 Staatsangestellten in der Armee, Polizei, Justiz und im Bildungswesen. Über 300.000 Bücher wurden verboten und mehr als 150 Medienhäuser geschlossen. Die Behörden nutzten den Ausnahmezustand, um Demonstrationen komplett zu verbieten und um exzessive Polizeigewalt gegen Personen, die sich dem Demonstrationsverbot widersetzten, zu rechtfertigen. Willkürliche, verlängerte und zu Bestrafungszwecken verhängte Untersuchungshaft sowie unfaire Gerichtsverfahren sind weiterhin an der Tagesordnung.
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Im April 2017 wurden nach einem Referendum Änderungen an der türkischen Verfassung vorgenommen, die dem Präsidenten gegenüber Parlament und Justiz weitreichende Machtbefugnisse einräumten. Im Juli 2018 hob die Türkei den Ausnahmezustand nach zwei Jahren wieder auf, Einschränkungen gewisser Grundrechte wurden aber ins ordentliche Gesetz überführt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei von 180 Staaten auf Platz 157. Mehr als 100 Medienschaffende sitzen nach wie vor im Gefängnis, mindestens 29 von ihnen sind eindeutig wegen ihrer journalistischen Arbeit in Haft. Einer der Inhaftierten ist Ahmet Altan, der diesjährige Geschwister-Scholl-Preisträger, und damit auch im Namen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Bayern: Guten Abend und Willkommen zur Preisverleihung. Und ja, die Nachricht, die Anfang diesen Monats durch die Medien ging, lautete: „Vorläufig aus der Haft entlassen, unter Auflagen“ und darüber schwebend ein Damoklesschwert von 10 Jahren Haft. Und die Nachricht, die eine Woche später über den Ticker ging, hieß: „Nach acht Tagen in Freiheit wieder verhaftet“ – Begründung: Fluchtgefahr!
„Alles auf der Welt verändert sich, nur Dummheit und Gemeinheit bleiben immer gleich“, so Altan in seinem Buch „Ich werde die Welt nie wiedersehen“. Auch wenn der Preisträger heute Abend nicht hier sein darf, wir ihn nicht sehen können, kann ich Ihnen versichern, meine verehrten Damen und Herren, er ist hier, mitten unter uns und das nicht nur weil heute Frau Yasemin Çongar da ist, um den Preis stellvertretend entgegenzunehmen. Ihnen ein ganz besonderes karşılama.
Ahmet Altan ist ein Meister des Wortes und ein wunderbarer Zauberer, der uns mit seinen Sätzen gefangen nimmt. Die, die ihn eingesperrt haben, mögen die Macht dazu besitzen und sich gar auf Gesetze berufen. „Doch“, so der Preisträger, „mich im Gefängnis festzuhalten, dazu reicht ihre Macht nicht. (...) ich bin weder dort, wo ich bin, noch dort, wo ich nicht bin. (...) weil ich die Zaubermacht besitze, die allen Schriftstellern eigen ist. Ich kann mühelos durch Wände gehen.“ Und, erlauben sie mir diesen Zusatz ... reisen wohin ich will, denn Staaten wie die Türkei kennen nicht nur das Hochsicherheitsgefängnis Silivri, sondern auch Maßnahmen, die Denker wie Ahmet Altan wegzusperren versuchen.
Nach Altans Auffassung gibt es für jeden Menschen einen Satz, der nur ihm gehört. Ihn zu finden ist nicht einfach, und oftmals ist es viel bequemer Sätze zu wiederholen, die anderen gehören. „Jede politische Macht“, so Altan, „egal welcher Religion, Ideologie oder Klasse sie angehören mag - will, dass alles einfach so weiter geht, ohne, dass ein neuer Satz hinzugefügt wird.“
In den über 1000 Tagen in Haft suchte Ahmet Altan Tag für Tag nach seinem neuen Satz, weil dies für ihn Freiheit bedeutete, zu merken, dass es sich lohnt, nach diesem einen Satz zu suchen: „Ich empfehle jedem“, so Altan, „der sich – aus welchen Gründen auch immer – gefangen fühlt oder betrübt ist, einen neuen Satz zu suchen, der nur ihm gehört. (...) In Ländern wie der Türkei bestimmt der Staat, welche Sätze wiederholt werden sollen. Wer unerwünschte Sätze wiederholt, begeht ein Verbrechen.“
Haben wir je so über unsere Freiheit und die Freiheit der Worte nachgedacht? Wir haben die Freiheit uns frei für Sätze zu entscheiden, auch wenn sie schon einmal gesagt wurden. Doch sollten wir nicht vergessen, dass mit dieser Freiheit auch eine Verpflichtung verbunden ist: nämlich, nicht wegzuschauen und zu schweigen, wenn die Freiheit neuer Sätze bedroht ist. Es ist an uns, dieses hohe Gut zu verteidigen und zu schützen Tag für Tag.
Die Meinungsfreiheit ist das vielleicht mächtigste Werkzeug in einer Demokratie überhaupt. In der aktuellen Diskussion beginnen wir zu erkennen, wo die Grenzen liegen, die nötig sind, um jenen Dialog zu schützen, der für eine freie Gesellschaft überlebensnotwendig ist. Beginnen zu verstehen, dass Zuhören und Freiheit unabdingbar zusammengehören.
FREIHEIT war das letzte Wort von Hans Scholl, bevor er hingerichtet wurde. Und FREIHEIT malte Sophie Scholl sorgfältig in acht Großbuchstaben auf die Rückseite ihrer Anklageschrift. Erst Jahrzehnte später, als jemand die Akte Scholl in die Hand nahm und umdrehte, wurde das stumme Vermächtnis entdeckt.
Der Kampf für die Freiheit des Wortes bedeutete für Ahmet Altan und seinen Bruder Mehmet LEBENSLÄNGLICH. Als Kenner der Politelite um Präsident Erdoğan und der türkischen Gesellschaft wussten sie, was Autokraten am meisten fürchten und was das Volk am meisten braucht: Meinungsfreiheit und Offenheit. Und sie wussten auch: Wer den Mund aufmacht, wird mundtot gemacht.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Geschwister-Scholl-Preises und des Börsenvereins ist es, gegen das Mundtot-Machen anzureden und anzuschreiben und sichtbare Zeichen zu setzen.
Worten wie mündig oder Vormund liegt das althochdeutsche Wort „munt“ zugrunde, was so viel wie Schutz und Sicherheit bedeutete. In der alten Rechtssprache bedeutete munttot machen daher zunächst, dass demjenigen die Fähigkeit zum Handeln abgesprochen wurde, und damit jeglicher Schutz und jede Sicherheit. Seit dem 19. Jahrhundert wurde daraus dann in der Alltagssprache die Umschreibung für „jemanden zum Schweigen bringen“. Wer die kafkaeske Gerichtsverhandlung in Altans Buch liest, spürt den doppelten Sinn des Begriffs, hier soll jemand zum Schweigen gebracht und zugleich entmündigt werden, schutzlos der Willkür von Polizei und Justiz ausgeliefert.
Doch jemand wie Ahmet Altan lässt sich nicht so einfach zum Schweigen bringen, zu laut sind die Sätze in seinen Artikeln und Büchern. Die „Texte aus dem Gefängnis“ aus „Ich werde die Welt nie wiedersehen“ sind ein beredtes Zeugnis davon. Es ist übrigens das erste Buch, das erst in Übersetzungen vorliegt und nicht in türkischer Sprache. Und so wie es aussieht, wird es auch in nächster Zeit nicht auf Türkisch erscheinen.
Was dabei rauskommt, wenn einer wie Ahmet Altan gegen das Mundtot-Machen anschreibt, ist keine Hassrede in Buchform und kein Rachetraktat, aber eine Abrechnung auf höchstem intellektuellem Niveau, die den Leser beschämt zurücklässt. Es ist Poesie pur, beeindruckend ob des Mutes, bedrückend wegen der spürbaren Enge der Gefängniszelle und hellsichtig, weil es zum Nachdenken jenseits von Hass und Rache anregt. Und es ist eine Lehrstunde im Fach „Aufrechter Gang“. Vieles gibt es noch zu entdecken von einem Autor, der seit 1982 Romane und Essays veröffentlicht und der Millionen LeserInnen in der Türkei begeistert.
Hören wir noch einmal dem diesjährigen Geschwister-Scholl-Preisträger zu: „Wenn ihr meine Romane lest, dann gebt ihr mir Gastfreundschaft. Dann bin ich in meinem Gefängnis nicht mehr allein.“
Was für ein bewegender neuer Satz!
So wie Ahmet Altan mit Worten und Gedanken die dicksten Gefängnismauern überwinden kann – und damit komme ich auch schon zum Schluss meiner Rede –, so können wir als Leser ihn und all jene, die nach wie vor in Haft sind, jederzeit einladen unsere Gäste zu sein. Und ihnen zurufen „Ihr seid nicht vergessen, ihr seid nicht allein. Wenn ihr die Welt nie wiedersehen könnt, dann werden wir die Welt zu euch bringen.“
Lassen wir die heutige Preisverleihung zu einem sichtbaren Zeichen der Gastfreundschaft werden für alle, die sich nicht mundtot machen lassen, ganz im Sinne Altans und der Freiheit des Wortes.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
© Michael Then
Die Rede ist urheberrechtlich geschützt. Wenn Sie die Rede oder Teile daraus für eine Veröffentlichung nutzen möchten, wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle des Börsenvereins - Landesverband Bayern. Wir sind Ihnen bei der Klärung der Rechtefrage gerne behilflich.
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Laudatio von Christiane Schlötzer
„Die Morgendämmerung zog herauf“, und: „Ich wusste, dass sie kommen würden.“ So beginnt Ahmet Altans Gefängnistagebuch. Es ist ein friedlicher Septembermorgen, mit der ganzen Schönheit, die der Himmel über Istanbul zu bieten hat. Das Licht, das Wasser. Ahmet Altan fragt die Polizisten, ob sie einen Tee möchten? Und er erinnert sich in diesem Augenblick an seinen Vater, den Schriftsteller Cetin Altan, der 45 Jahre zuvor an einem Morgen von der Polizei aus seiner Wohnung abgeholt wurde. Der Vater fragte die Polizisten: Wollen sie einen Kaffee?
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Als würde sich alles wiederholen in der Türkei, weil dieses Land, wie Altan sagt, "sich in seiner Geschichte sehr langsam bewegt." Wie unter Zwang, dieselben Fehler immer wieder zu machen.
In seiner Verteidigungsrede vor Gericht im Februar 2018, einem furiosen historischen Kolleg, erinnert Altan an ein Ereignis aus der Endzeit des Osmanischen Reichs, im März 1909. Ein paar Tausend Offiziere versuchten damals gegen die Regierung der Jungtürken zu putschen. Bis heute ist nicht bekannt, wer der militärische Anführer dieser angeblich religiös motivierten Rebellen war. Altan zieht Parallelen zum Putschversuch vom Juli 2016: Auch der Kommandant dieses Putschversuchs ist bis heute unbekannt. Die Rebellion von 1909 festigte die Macht der Jungtürken. Sie schufen danach ein Regime von Unterdrückung und Angst. Da wird die Parallele offenbar. Auch der Putschversuch von 2016 kratzte nicht an der Macht von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Im Gegenteil, die dilettantische Erhebung gab ihm die Chance, seine autoritären Vollmachten auf eine neue Stufe zu heben. „Nach dem 15. Juli 2016 baute die AKP ein Regime von Unterdrückung und Angst auf“, so sagte Ahmet Altan - vor dem Gericht.
Der Autor legt sich auch vor seinen Richtern keinen Maulkorb an, er lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Und er bleibt misstrauisch, was die Hintergründe des Putschversuchs betrifft, der zu seiner Verhaftung führte. Die Anklage gegen ihn ist dagegen voller absurder Gewissheiten. Altan zerpflückt sie im Gerichtssaal. Er seziert aber nicht nur dieses Dokument juristischer Peinlichkeiten, sondern auch den Zustand der Justiz in der Türkei. Er hält ein Plädoyer für die Macht des Rechts, und sagt den Richtern ins Gesicht, dass sie ihren Beruf verraten, wenn sie politisch willfährige Urteile fällen. Altan sagt: „Eine Justiz, die schon tot ist oder gerade stirbt, hat einen fauligen Geruch.“ Altans Autopsie ist schonungslos.
In seinem 1998 erschienen Roman mit dem Titel „Wie ein Schwertstreich“, der im ausgehenden Osmanischen Reich spielt, lässt Altan eine seiner Heldinnen zu ihrem Sohn sagen: „Hast Du endlich aufgehört, dich zu fürchten, Hikmet?“ Die Mutter ist eine Osmanin mit in Paris erworbener Grandezza, der Sohn katzbuckelt aus Angst vor dem Sultan sich durchs Leben. Angst, auch das sagte Altan vor dem Gericht, ist die größte Stärke der absoluten Macht, aber auch ihre größte Schwäche. „Die Angst, die sie verbreiten, ist die Nahrung und das Gift ihrer Macht.“
Man würde zu gerne wissen, was die Richter dachten, als Altan vor ihnen stand und diese Brandrede hielt. „Bravo! Sperrt alle ein!“, schleuderte er dem Staatsanwalt entgegen. „Das ist eure Zeit. Aber die Zeiten ändern sich. Zeiten ändern sich immer“, sagte er.
Ahmet Altan wurde 1950 in Ankara geboren. Als das Militär 1960 putschte, war er ein Kind, als es 1971 wieder putschte, wurde sein Vater verhaftet. Als die Partei Erdogans versprach, die Macht des Militärs politisch in die Schranken zu weisen, begrüßte der Publizist Altan das. Er lobte in den ersten Jahren Erdogans Kurs. Bei Erdogans linken Gegnern machte er sich damit keine Freunde. Der Publizist Ahmet Altan ist ein Mann, der sich zwischen viele Stühle gesetzt hat.
Der Zustand seines Landes ist für ihn heute eine „Tragödie“ - oder wahlweise auch eine „Komödie“. Denn wäre das Ende nicht so bitter, dann könnte man lachen über diese juristische Theatralik: Drei Texte für eine Zeitung und ein Fernsehauftritt, und dafür lebenslange erschwerte Haft, die in der Türkei die abgeschaffte Todesstrafe ersetzt.
Bei dem Fernsehauftritt, einen Tag vor dem Putschversuch vom Juli 2016, sagte Altan, und das ist der Satz, der angeklagt wurde: „Die AKP wird ihre Macht verlieren, und sie wird vor Gericht gestellt werden.“ Dies wurde als „unterschwellige“ Botschaft an die Putschisten gewertet. In der Sendung plädierte Altan für einen Machtwechsel bei den nächsten Wahlen.
Es gibt Urteile des türkischen Verfassungsgerichtshofs, die stellen fest: Nachrichten zu verbreiten, sei für einen Journalisten kein Verbrechen. Kommentare auch nicht. Dem Strafgericht war das egal. Das Urteil stand wohl schon im Voraus fest. In seinem Buch, das hier mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet wird, zitiert Altan Elias Canetti in Bezug auf die Richter: „Hochangesehen, in Sicherheit und Seelenfrieden, hören sie sich, von vorneherein entschlossen, sich nicht erweichen zu lassen, die Gesuche der Menschen an.“
An dem Morgen, als die Polizisten in seine Wohnung kamen, kochte Altan sich seinen Tee. „Ich goss mir einen Tee ein, füllte eine Schale mit Müsli und Milch.“ Die Polizisten durchsuchten derweil seine Wohnung, verrückten die Möbel. Es ist die Normalität im Unnormalen, die Altan mit wenigen Worten so meisterlich beschreibt.
Ich kenne das Gefühl einer parallelen Wahrnehmung. Ich gehe in Istanbul aus meiner Wohnung, zwänge mich durch die Touristenschlange vor dem Galata-Turm, sehe die gut gefüllten Cafes, Istanbuler beim Sonntagsfrühstück, mit dem Raki-Glas in der Hand in der Nacht. Ich bewundere die unbezwingbare Schönheit dieser Stadt, genieße die süße Normalität des Alltags, und stehe im nächsten Augenblick in Gedanken wieder vor einem Hochsicherheitsgefängnis oder in einem der Gerichtssäle, in denen ich in diesem und dem vergangenen Jahr so viele Stunden zugebracht habe: in Prozessen gegen Journalisten und Akademiker oder gegen den Unternehmer und Kulturmäzen Osman Kavala.
Die Anklagen sind stets so absurd wie bei Altan, so dass ich mir denke, kein Richter kann damit einen Menschen hinter Gitter schicken, für Jahre oder Jahrzehnte. Dass es doch geschieht, ist ein Beweis für die Angst, die Altan beschreibt, die Angst der Macht vor dem Machtverlust, und daher vor jeglicher Opposition.
Bei einem meiner Gerichtsbesuche habe ich einen falschen Gang erwischt, bin in einem Untergeschoss gelandet. Da lagen Berge von rosa Akten am Boden, Schnellhefter, achtlos übereinandergeworfen, wie zusammengekehrt und vergessen. Jede rosa Akte ein Menschenschicksal. Bei Ahmet Altan habe ich dann die Beschreibung eben dieses Aktenberges wiedergefunden, man hat ihn auf dem Weg zur Verhandlung daran vorbeigeführt. Welch ein Kafka-Szenario: „ein aus rosa Akten bestehender geheimer Friedhof“. Altan notierte: „Wir stoßen die Ordner mit den Füßen zur Seite und bahnen uns einen Weg durch den Korridor…manchmal treten wir auch darauf, und dabei überfällt mich ein unangenehmes Gefühl, als ob ich auf Menschen treten würde.“
Man fragt sich, wird dieses Kapitel der türkischen Geschichte irgendwann aufgearbeitet werden? Und von wem? Wird jemand in diesen Akten lesen, oder werden sie vernichtet, bevor sich eine neue Schicht der Geschichte auf die alte legt? So wie in Istanbul einfach immer wieder auf die alte Stadt eine neue Schicht gebaut wird. Wo sie Straße teeren, ohne vorher den Müll wegzuräumen.
Wer einen Schriftsteller von der Sprachkraft Altans einsperrt, muss eigentlich wissen, dass er zum Zeitzeugen und zum Ankläger wird. Sein Gedächtnis hält auch die Geschichten fest, die ihm seine Mitgefangenen erzählen. Sie komplettieren das Bild einer Epoche der großen Verwirrung. Aber Altan glaubt, schon deren Ende zu erkennen. Er lässt dabei sogar der Regierung noch eine Chance der Umkehr: Entweder sie wird umkehren…oder sie wird wahrscheinlich von ihrer eigenen Basis abgesetzt werden. Wörtlich sagte er in seiner Verteidigungsrede: „Die wirkliche große Gefahr für Erdogan sind nicht die Stimmen seiner Gegner, sondern das Schweigen seiner Unterstützer.“
Die AKP hat zuletzt schon ein paar prominente Mitglieder verloren. Monolithisch ist die Macht nicht mehr. Erdogan hat sich deshalb bei den letzten Wahlen mit einer ultranationalistischen Partei, der MHP, verbündet. „Nationalismus ist eine verbreitete Dummheit“, ein billiger Treibstoff der Politik, sagt Altan. Das Bündnis der AKP mit den Ultranationalisten spielt auch im Fall Altan eine Rolle, ich komme noch drauf.
Das Gericht in Istanbul verurteilt Altan am 16. Februar 2018 als „glaubenskämpferischen Putschisten“, einen Mann, der weder gläubig ist, noch je für einen Putsch eintrat. Zehn Tage später verurteilt das Gericht ihn noch einmal, diesmal aber als „marxistischen Terroristen“.
Der objektive Widerspruch dieser Urteile stört die Justiz nicht. Bis das Verfassungsgericht interveniert. Die höchste Justiz ist noch weniger druckempfindlich als die untere Ebene. Das Verfassungsgericht ordnet im Januar 2018 Altans Freilassung an. Das aber wird von einem Strafgericht wieder korrigiert. Untere Gerichte haben in der Türkei zuletzt öfter Urteile der obersten Gerichte ignoriert.
So wird Altan im Februar 2018 erneut zu lebenslanger Haft verurteilt, wie auch sein Bruder Mehmet, ein Wirtschaftsprofessor, der 2016 mit ihm verhaftet wurde.
Damit ist die juristische Geisterbahnfahrt noch nicht zu Ende. Im Juli 2019 hebt der Kassationsgerichtshof, das höchste Berufungsgericht, das Urteil gegen Altan wieder auf und verweist erneut auf die untere Ebene. Mehr juristische Blamage ist eigentlich nicht möglich.
Man kann dies aber auch so interpretieren: In Ankara wird ein Weg gesucht, Ahmet Altan aus der Haft zu entlassen.
Am 4. November 2019 entscheidet dann tatsächlich ein Strafgericht: Altan wird entlassen. Vorher verurteilt es ihn noch zu zehn Jahren und sechs Monaten, wegen „Unterstützung einer Terrororganisation“. Dies ist nach türkischen Kriterien ein milderer Vorwurf. Und weil er schon mehr als drei Jahre im Gefängnis saß, kommt er frei. Vor den Toren des Hochsicherheitsgefängnisses von Silivri bei Istanbul wartet seine Tochter. Freunde nehmen ihn in Empfang. Sein Bruder Mehmet Altan ist bereits früher entlassen worden, am 4. November wurde Mehmet sogar freigesprochen.
Die Bilder von Ahmet Altans Entlassung werden auch in der Türkei verbreitet. Wenige Stunden später legt der Generalstaatsanwalt Widerspruch ein. Der wird von einem Gericht zuerst zurückgewiesen. Der Staatsanwalt geht dann zum nächsten Gericht. Das gibt dem Widerspruch statt.
Am Abend des 11. November stehen die Polizisten wieder vor Altans Wohnung. Diesmal haben sie nicht bis zum Morgen gewartet.
Das ist der letzte Stand. Das neue Urteil von Anfang November ist noch nicht rechtskräftig. Altan wird wieder in Berufung gehen. Vor seiner erneuten Verhaftung hat er noch einen Text für den Guardian geschrieben. Darin heißt es: „Ich weiß, dass es möglich ist, dass sie mich wieder verhaften.“
Warum wusste Altan das? Weil das Irrationale stärker ist als die Rationalität? Weil ihm ein Richter, fast bedauernd sagte, „ach hätten Sie doch immer nur Romane geschrieben und sich nicht mit politischen Themen befasst“? Wie zum Beispiel schon vor Jahren mit dem Schicksal der Armenier oder der Kurden?
Als er 1995 den Türken empfahl, sie sollten sich für einen Moment vorstellen, sie lebten in einem Staat namens Kurdiye, nicht Türkiye, gegründet von einem Mann mit dem Namen Atakurd, nicht Atatürk, zeigte ihm die damals als liberal geltende Zeitung Milliyet die Tür. Und ein Staatsgerichtshof verurteilte ihn zu 20 Monaten Haft.
Altans frühe Romane wurden in Millionenauflagen gedruckt, und übrigens auch wegen ihrer erotischen Freizügigkeit besonders beäugt und viel gelesen. Sie sind von großer sprachlicher Schönheit. Heute sucht man sie vergebens in Istanbuler Buchläden.
Nach Altans Freilassung sagte Devlet Bahceli, der Chef der mit Erdogan verbündeten Ultranationalisten: Einige Freisprüche und Haftentlassungen stünden „im Gegensatz zum Gewissen der Nation“. Es scheint klar, wen er meinte. Die Verurteilung Altans war eine politische Entscheidung, ihn freizulassen, war auch eine politische Entscheidung, ebenso wie die, ihn wieder festzunehmen. Es ist gut möglich, dass diese Entscheidungen nicht von den selben Personen getroffen wurden. Altan ist nun womöglich Opfer eines Machtkampfs in der türkischen Justiz.
Der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk schrieb vor einer Woche in der Süddeutschen Zeitung, Altans mutiges und entschlossenes Auftreten nach seiner Freilassung habe ihn wieder ins Gefängnis gebracht, weil diese Courage den Unterdrückern Angst mache. Und weiter: „Solange Altan in Haft bleibt, wird uns dieses immer bizarrer werdende Unrecht weiter vergiften.“
In seinem Gefängnisbuch reflektiert der Autor auch über das Heldentum. Er erinnert sich daran, dass sein Vater hunderte Male wegen seiner Schreibens verurteilt wurde. Dass sein Großvater zum Tod verurteilt wurde, weil er während des Befreiungskriegs Aufständischen half, nach Anatolien zu gelangen. Im letzten Moment konnte sich der Großvater retten.
Auch an seinen Urgroßvater erinnert er, der seine Artillerie-Ausbildung in Deutschland erhielt, und zehn Jahre lang an Kriegen teilnahm.
Ein Schriftsteller sollte eigentlich kein Held sein, schreibt Altan, und: „Es kommt vor, dass man auch mich für einen mutigen Mann hält. Das beschämt mich jedes Mal…Ich bin…eher jemand, der gern mutig wäre.“ Er fragt sich auch, was ist wichtiger, der Text oder der Autor? Darf der Autor sich retten wollen, oder muss er seine Feder dafür einsetzen, anderen zu helfen?
Er schreibt: „Und wie bei Odysseus wird es auch bei mir Heldentum und Feigheit, Ehrlichkeit und Schlitzohrigkeit, Niederlagen und Siege geben.“ Als Sieger fühlt er sich immer dann, wenn er mit der Kraft seiner Fantasie den Mauern des Gefängnisses entflieht, wenn er „mühelos durch Wände“ geht.
Ich bin in München einst auf das Sophie-Scholl-Gymnasium gegangen. Ich kann mich erinnern, dass wir Schülerinnen stolz auf den Namen unserer Schule waren. Die Widerstandsgeschichte der jungen Sophie Scholl hat mich später auch stolz auf meine Heimatstadt sein lassen.
Ahmet Altan würde sich gewiss nicht mit dieser Heldin vergleichen. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass Menschen, die für die Freiheit des Wortes eintreten, bei aller Fehlerhaftigkeit, die auch ihnen unterlaufen kann, dafür büßen sollen, dass sie die herrschende Macht in Frage stellen. Wo aber fast jede Opposition kriminalisiert werden kann, von einer Justiz, die sich nicht scheut, das Recht in jede Richtung zu verdrehen, da gibt es keine Freiheit.
Altan hält dagegen mit seiner stoischen Souveränität, mit Optimismus und Ironie.
Die für mich schönsten Sätze in Altans Buch stehen auf der vorletzten Seite, er beschwört darin die Kraft der Literatur. Und sie sind ein vorausgeschickter Dank an die Leserin und den Leser: „Jedes Auge, das meine Zeilen liest, jede Stimme, die meinen Namen nennt, nimmt mich wie eine kleine Wolke bei der Hand und fliegt mit mir über weite Ebenen, Wälder, Quellen, Meere, Städte und Straßen. Ohne große Worte gewähren meine Freunde mir Gastrecht in ihren Häusern, Sälen und Zimmern.“ So wie heute und hier in der Großen Aula dieser Universität.
© Christiane Schlötzer
Die Rede ist urheberrechtlich geschützt. Wenn Sie die Rede oder Teile daraus für eine Veröffentlichung nutzen möchten, wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle des Börsenvereins - Landesverband Bayern. Wir sind Ihnen bei der Klärung der Rechtefrage gerne behilflich.
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Dankesrede von Ahmet Altan (deutsch)
Übersetzung aus dem Türkischen von Ute Birgi-Knellessen
Im Leben eines Menschen muss es etwas geben, das wertvoller ist als das Leben selbst. Etwas, das wertvoll genug ist, um sein Leben dafür einzusetzen. Seit Ewigkeiten zieht die Menschheit mit einer Unwandelbarkeit dahin, deren Finsternis einer Winternacht gleicht. Eine Ausnahme bilden Menschen, in deren Leben es ein Ziel gibt, für das sie eben dieses Leben einzusetzen bereit sind. Wenn sie in dieser Dunkelheit ein Licht anzünden, werden sie selbst sichtbar und werfen dieses Licht auch auf die Unsichtbaren.
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Der Beginn des Lebens, die Geburt, bei der aus einem Lebewesen ein anderes Lebewesen hervorgeht, ist ein Wunder. Der Tod mit seiner Unberührbarkeit, seiner Unausweichlichkeit und seinem großen, nie zu erforschenden Geheimnis, ist voller Pracht. Das Leben hingegen besteht, im Widerspruch zum Wunder seines Beginns und der Würde seines Endes, aus gewöhnlichen und eintönigen Wiederholungen. Solange der Mensch seinem Leben nicht etwas hinzufügt, das dieses an Wert übersteigt, wird sein Erdenweg nie mehr als ein Teil dieser ewigen gewöhnlichen Wiederholungen sein.
Mit einem allen Lebewesen eigenen Instinkt glauben auch die Menschen, dass es nichts Wichtigeres gibt als zu leben. Leben – als was auch immer, wie auch immer. Die große Mehrheit der Menschen lebt mit diesem Instinkt, sieht in der Bewahrung ihrer Existenz und ihrer Interessen die höchste Logik und verschwindet, mit dem Tod zusammen, mit Millionen anderer Lebewesen im Nichts.
Hilflos in einer undurchsichtigen Menschenmenge und gefangen in ewiger Finsternis seinem Untergang entgegenzutaumeln, ist furchteinflößend. Und Furcht gebiert Gewalt. Menschen, die aus ihrem Leben kein Licht hervorbringen können, werden zu Feinden dieses ihnen so fremden Lichts. In dieser Feindschaft sehen sie eine Art Rettung, sie klammern sich im Dunkeln aneinander und erklären ihren Hass auf all jene, die ihnen nicht ähneln, zur Grundlage ihres Daseins.
Ich glaube, dass diese Furcht und diese Feindschaft Auslöser des Rassismus und Militarismus sind, die heute die gesamte Welt erfasst haben. In Hass und Totschlag sehen diese Menschen einen Ausweg aus ihrer eigenen Auslöschung.
Die von Militarismus und Rassismus infizierten Menschen setzen alles daran, sich – nach dem Muster sich selbst auffressender Tiere – auf Kosten der Menschheit zu nähren, der sie doch auch angehören. Sie begreifen nicht, dass sie sich selbst töten, wenn sie das Leben eines anderen Teils der Menschheit auslöschen.
Dass Menschen auf ihrem in einem Winkel des unendlichen Weltalls isolierten Planeten die kurze Spanne ihrer Lebenszeit dafür einsetzen, ihr eigenes Selbst zu erhöhen und andere Menschen ihre Überlegenheit spüren zu lassen, bringt letztendlich alle nichts als Unheil. Der auf dem finsteren Weg ins Nichts empfundene Hass dient lediglich dazu, die Sinnlosigkeit dieser Finsternis noch zu verstärken.
Ich muss zugeben, dass ich hin und wieder dem Wunsch nachzugeben bereit bin, wie ein trotziges Kind zu schreien: „Wir werden alle sterben!“ Würden vom heutigen Tage an alle Geburten gestoppt, wäre dieser sonderbare Planet nach höchstens 90 Jahren menschenleer. Ist es da nicht völlig unsinnig, dass eine derart hilflose Spezies unter den Lebewesen sich einer gegenüber dem anderen als überlegen behauptet?
Bei der Erschaffung des Menschen war wohl ein wenig Eile am Werk; es kam ein Lebewesen hervor, in dem etliche miteinander unvereinbare Gefühle eng beieinander liegen. Wie Mitleid und Hass, Güte und Bösartigkeit gedeihen auch Klugheit und Dummheit nebeneinander in gleicher Erscheinungsform.
Wenn Nationalismus, Hass, Schlechtigkeit und Dummheit in angereichertem Maße zusammenfinden, entsteht eine toxische Mischung. Gegen diese tödliche Krankheit wirken als Gegengift Mitleid, Güte und Klugheit, doch muss auch der hässlichen Fratze des Nationalismus die Maske der Heiligkeit abgerissen werden, hinter der dieser sich versteckt.
In unseren Tagen, in denen die Fahnen, Märsche, Waffen und Gewalttaten des Rassismus und Militarismus erneut die Menschheit beschmutzen, kann man es nicht laut genug ausrufen, dass das gemeinsame Wohl der Menschheit nicht in ihrer Spaltung, sondern in ihrer Einheit liegt.
Kein menschliches Leben endet glücklich, denn am Ende steht immer der Tod. Was soll es dem Menschen da bringen, sein so oder so unglücklich endendes, meistens auch unbedeutendes Leben mit Hass zu vergiften?
Wenn wir nicht jetzt zur Sprache bringen, dass dieses niemandem nützt, wann denn sonst? Und wer wird dies aussprechen, wenn wir es nicht tun?
Wollen wir denn nicht wahrhaben, dass es für alle von uns eine "erfüllende Verpflichtung" gibt, nämlich aufzustehen und für das Wohl der Menschheit zu kämpfen, die Wahrheit zu verkünden und so unser Leben mit etwas zu bereichern, das dieses an Wert übersteigt.
Vergessen wir auch nicht, dass im Augenblick des Todes jeder in jenem "Leben" genannten kurzen Zeitabschnitt verspürte Wunsch, jeder Ärger, jedes Streben, jeder Profitwettkampf seine Bedeutung verliert, ja sogar lächerlich wird.
Lebensläufe, denen der Tod nicht den Sinn rauben kann, sind eher selten. Denn nur jene Menschen, die ihrem Leben etwas hinzufügen, das dieses an Wert übertrifft, können der Macht des Todes die Stirn bieten und vom Tod selbst nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden.
Sie haben sich heute hier zusammengefunden, um der Verleihung eines Preises beizuwohnen, der den Namen zweier junger Menschen trägt, die der Tod nicht bagatellisieren konnte, weil es in ihrem kurzen Leben einen Wert gab, der für sie den Wert ihres Lebens übertraf.
Das Leben anderer Menschen zu retten, gegen die von diesen Menschen erlittene Unterdrückung zu protestieren und erschreckender Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten, waren Werte, die die Geschwister Scholl höher einschätzten als ihr eigenes Leben.
Mit ihren Schriften widerstanden sie Waffen und Gewalt. Bis heute bilden sie hiermit ein Vorbild. Ihre Flugblätter lehrten einen blutigen Despoten das Fürchten, der über Geschütze, Panzer und Bomben verfügte.
Diese beiden jungen Menschen zeigten uns nicht nur, wie ein Leben sich dem Tod gegenüber kraftvoll beweisen kann, sie machten uns auch klar, welche bedeutungsvolle Widerstands- und Lebensform das geschriebene Wort darstellt.
Dass Sie mein Buch für Wert hielten, mit dem nach diesen beiden jungen Menschen benannten Preis ausgezeichnet zu werden, erfuhr ich in einer Gefängniszelle. Auch diese Rede schreibe ich im Gefängnis. Deswegen kann ich heute nicht unter Ihnen sein.
Dieser Preis hat einen Teil der diesen beiden überragenden Menschen innewohnenden Kraft auch auf mein Leben übertragen und damit meine Widerstandskraft innerhalb dieser Mauern gestärkt. Ich bin überzeugt, dass die Erinnerung an die Geschwister Scholl auch Ihren Widerstand gegen nationalistische Strömungen bestärken wird.
Dafür, dass Sie mich zu einem Teil zweier Leben machten, die mit dem Tod nicht der Vergessenheit anheimfielen, möchte ich Ihnen allen von Herzen danken.
Noch einmal haben Sie mir bestätigt, dass die Literatur mächtiger ist als die Tyrannei.
© Ahmet Altan
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Dankesrede von Ahmet Altan (türkisch)
Bir insanın hayatında, hayatından daha değerli bir şey olmalı. Uğrunda hayatından vazgeçebileceği kadar değerli bir şey. İnsanlık, milyonlarca yıldır, bir kış gecesi gibi karanlık bir sonsuzlukla akar, o karanlıktan geçip gidenleri görmeyiz. Ancak, uğruna hayatlarından vazgeçecekleri kadar değerli bir şeyi kendi hayatlarının içinde taşıyanlar, bu karanlıkta bir ışık yakar, görünür ve görünmeyen diğerlerini de aydınlatır.
Hayatı bir canlının içinden başka bir canlının çıkmasıyla başlatan doğum bir mucizedir. Dokunulmazlığı, değiştirilemez olması ve asla çözülemeyen muazzam sırrıyla ölüm ihtişamlıdır. Hayat ise başlangıcındaki mucize ile sonundaki ihtişama uymayacak kadar sıradan ve tekdüze bir tekrardan ibarettir. Kendisinden daha değerli bir şey katmadığınız sürece hayat sonsuz ve sıradan bir tekrarın parçası olmaktan öteye gidemez.
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İnsanlar, bütün canlılarda bulunan bir içgüdüyle en önemli ölçünün yaşamak olduğuna inanırlar, ne olursa olsun, nasıl olursa olsun yaşamak. İnsanların büyük çoğunluğu bu içgüdüyle yaşar, hayatlarını ve çıkarlarını korumayı en “mantıklı” yol olarak görür ve milyonlarca canlıyla birlikte ölüp yokluğa karışırlar.
Sonusuz bir karanlıkta, bulanık bir kalabalığın içinde bir yokoluşa doğru çaresizce akmak korkutucudur ve korku zulmün yaratıcısıdır. Kendi hayatlarından bir ışık yaratamayanlar, kendilerine benzemeyen bu ışığın da düşmanı olurlar. Bu düşmanlık onlara bir kurtuluş gibi gözükür, karanlıkta birbirlerine sarılır ve kendilerine benzemeyenlere duydukları nefreti varoluşlarının temeli haline getirirler.
Irkçılığın ve bugün dünyayı saran milliyetçiliğin temelinde bu korkunun ve düşmanlığın yattığını düşünüyorum. Ölümün çaresini öldürmekte ve nefrette arıyorlar.
Milliyetçilik ve ırkçılık hastalığına tutulan insanlar, kendi kendini yiyen bir hayvan gibi parçası olduğu insanlığı yiyerek beslenmeye uğraşıyorlar. İnsanlığın bir başka parçasını öldürürken kendilerini de öldürdüklerini anlayamıyorlar.
Sınırları belirsiz bir evrenin, kimsenin uğramadığı ücra bir köşesindeki bir gezegende, kısacık ömürleri olan insanların kendilerini önemseyerek, birbirlerine üstünlük sağlamaya çalışmaları hepsinin ortak felaketi oluyor. Bir yokluğa doğru aktığımız bu karanlığın içinde duyduğumuz nefret, karanlığı daha da anlamsız hale getirmekten başka işe yaramıyor.
Bazen öfkeli bir çocuk gibi “hepimiz öleceğiz” diye bağırma isteğine kapıldığımı itiraf etmeliyim. Bugün doğumlar dursa, en fazla doksan yıl sonra bu tuhaf gezegen bomboş ve insansız kalacak. Böylesine çaresiz bir canlı türünün birbirinden üstün olduğunu iddia etmesi, bir ahmaklıktan başka nedir?
İnsan yaradılışı biraz aceleye getirilmiş, birbirinin zıddı olan birçok duygunun içine tıkıştırıldığı bir canlı türü. Merhamet ve nefret gibi, iyilik ve kötülük gibi, zeka ve aptallık da aynı yapının içinde varlığını sürdürüyor.
Milliyetçilik, nefretin, kötülüğün ve zekasızlığın yoğun biçimde bir araya geldiği ölümcül bir hastalık. Bu hastalığa karşı merhametin, iyiliğin ve zekanın bir panzehir olması, milliyetçiliği arkasına saklandığı kutsallık maskesinden sıyırıp, bütün çirkinliği ile ortaya koyması gerekir.
Irkçılığın ve milliyetçiliğin bayrakları, marşları, silahları ve zorbalıklarıyla yeniden insanlığı lekelediği bu dönemde, insanlığın ortak çıkarının bölünmek değil bütünleşmek olduğunu haykırmanın tam zamanı.
Hiçbir insanın macerası mutlu sona ulaşmaz, herkes ölür çünkü. Zaten mutsuz bir şekilde bitecek olan ve pek de anlamı olmayan bu hayatı nefretle doldurarak daha da anlamsız ve mutsuz kılmanın insanoğluna yararı ne?
Bunun bir yararı olmadığını şimdi söylemeyeceksek ne zaman söyleyeceğiz, biz söylemeyeceksek kim söyleyecek?
İnsanlığın ortak çıkarı için ayağa kalkarak, mücadele ederek, gerçeği anlatarak hayatımıza hayatımızdan daha değerli bir şey katmanın hepimiz için “mutlu bir mecburiyet” olduğunu görmüyor muyuz?
Hiç unutmayalım ki ölüm geldiğinde, hayat dediğimiz o kısa zaman parçasındaki her arzumuz, her öfkemiz, her ihtirasımız, her çıkar kavgamız anlamını yitirir ve daha da ötesi gülünçleşir.
Ölümün manasızlaştıramadığı çok az hayat vardır. Ancak hayatlarına hayatlarından daha değerli bir şey katanların hayatları ölümün ihtişamına boyun eğmez ve ölüm tarafından gülünçleştirilemez.
Bugün burada, hayatlarında, hayatlarından daha değerli bir şey bulunduğu için ölümün küçümseyemediği ırkçılığa karşı direnmiş iki genç insan adına verilen bir ödül için buluştunuz.
Scholl kardeşler, başka insanların hayatlarını kurtarmayı, onların uğradığı zulmü engellemeyi, korkunç bir haksızlığı durdurmayı, ırkçılığın zorbalığına karşı çıkmayı kendi hayatlarından daha değerli buldular. Hayatlarını ortaya koydular.
Ve silaha ve zorbalığa karşı yazıyla direndiler. Bugün için örnek oldular. Onların yazıları, füzeleri, roketleri, topları, bombaları olan kanlı bir zorbayı korkuttu.
Bu iki genç insan bize sadece bir hayatın ölüm karşısında nasıl ezilmeden kalacağını değil yazının nasıl anlamlı bir direnme ve yaşama biçimi olduğunu da gösterdi.
Kitabımı bu iki genç insanın adına verilen ödüle layık bulduğunuzu bir hapishane hücresinde öğrendim. Bu konuşmayı da hapishanede yazıyorum. Bu nedenle aranıza katılamıyorum.
Bu ödül, iki değerli insanın gücünden bir parçayı da benim hayatıma kattı ve benim duvarlar arasındaki direncimi artırdı. Onların hatırasının sizin de milliyetçilik karşısındaki direncinizi artıracağına inanıyorum.
Beni, ölümle ortadan kaybolmayan iki hayatın parçası kıldığınız için hepinize çok teşekkür ederim.
Yazının, zorbalıktan daha güçlü olduğunu bana bir kere daha gösterdiniz.
© Ahmet Altan
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Dankesrede von Ahmet Altan (englisch)
Übersetzung aus dem Türkischen von Yasemin Çongar
There must be something in a person’s life that is more precious than their own life. Something so precious that it is worth surrendering life itself. For eons, humankind has been flowing in an infinity that is as dark as a winter night. In that darkness, we do not notice individuals who quietly pass away. Only those who carry something in their lives, something that is so precious that they would surrender their life for it, shine a light in the darkness, become visible and illuminate those who could not be seen.
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Birth is a miracle, a living thing emerges from within another and so begins life. Death is glorious given its immunity, its immutability and its magnificent enigma that can never be solved. Life itself however is no match for the miracle at its beginning and the glory at its end, it is nothing but an ordinary and drab repetition. Until you bring to it something that is more precious than itself, life is no more than an endless and banal bit of repetition.
People, following an instinct common to all living things, believe that the most important yardstick is to survive, to keep on living no matter what. Most people live with this instinct and consider that protecting their life and interests to be the most sensible thing. So, they eventually die and, along with millions of others, become part of the void.
Flowing helplessly toward the void in an infinite darkness alongside a murky crowd is scary and it is the fear that creates cruelty. Those who cannot produce light from within their own lives become the enemy of light because light does not become them. This animosity seems like a way out, they embrace each other in the dark and let the hatred they feel for those who aren’t like them become the basis for their existence.
I suppose this fear and this animosity are at the foundation of the wave of racism and nationalism that has taken hold of the world today. Hate and killing provide a remedy for death.
People who have caught the malady of nationalism and racism try to feed themselves on humankind like self-devouring animals. They are unable to grasp that killing another part of humankind is akin to killing themselves.
On a planet in a remote lonesome corner of a borderless universe, people with such short life spans somehow become self-important and strive to outflank each other and this brings upon them a collective calamity. As we keep flowing in the dark toward the void, the hatred inside us only makes the darkness even more inane.
I have to confess that sometimes I feel like an angry child who wants to shout out loud: “We are all going to die!” If the births stopped today, this strange planet will become empty and free of humans in ninety years or so. What is it, if not sheer idiocy, that such helpless beings keep claiming they are superior to others?
The creation of humankind was a bit of a rush job, we’re creatures with many conflicting emotions shoved inside us. Like compassion and hatred, like goodness and evil, wit and folly too reside within the same structure.
Nationalism is a deadly disease — an intense mix of hatred, evil and folly. Compassion, goodness and wit should provide the antidote to this malady, they should rid nationalism of its mask of sanctity and demonstrate its ugliness.
Today humanity is stained once again by the flags, marches, weapons and tyranny of racism and nationalism, and it is high time we say it loud and clear for everyone to hear that our common interest lies in coming together and not in drifting apart.
No one’s adventure here will have a happy ending, because sooner or later we all die. What good is it to fill an already meaningless life that is doomed to end sadly with hatred so that it becomes even more meaningless and sad?
If we don’t say now that no good will come of this, when will we ever say it? If we don’t say it, who will?
Don’t we see that we have a “happy obligation” to bring something into our life that is more precious than the life we each have, by standing up for people’s common interest, by fighting for it, by telling the truth?
Let us never forget that when death comes it will render meaningless, all the desire, the rage, all of our ambitions and quarrels from this short time on earth that we call life. Even worse, they will all seem ridiculous.
There are very few lives that haven’t been stripped of meaning by death. Only the lives led by those who let into their lives something more precious than their lives don’t submit to the glory of death and cannot be ridiculed by it.
You are gathered here today on the occasion of a prize given in the name of two young people who put up the resistance against racism; two youngsters whom death cannot ridicule because they had something in their lives that is more precious than life.
The Scholl siblings deemed it worth more than their own lives to save others, to stop the cruelty against them, to bring an end to the terrifying injustice, to stand up against the tyranny of racism. They put their lives at stake to achieve that.
They resisted weapons and oppression by writing. They set an example for today. Their words were enough to frighten a bloody tyrant who had rockets, artillery, tanks and bombs.
These two young people demonstrated not only how life can indeed resist being crushed by death but also that writing can provide a meaningful way of resistance and living.
When I heard that you had deemed my book worthy of a prize given in the name of these two siblings I was in a prison cell. I am writing this speech also in prison and that is why I cannot be with you tonight.
This prize has lent me some of the strength of these two extraordinary people and has increased my ability to resist the walls that surround me. I trust that their memory will also increase your ability to resist nationalism.
Thank you all very much for allowing me to become a part of these two lives that did not disappear with death.
You have showed me once again that writing is mightier than tyranny.
© Ahmet Altan
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